Ich erlebe ein besonders Pfingstfest in unserer Pfarrei. Gestern haben wir die Konfirmation gefeiert. Die Haager haben den Festplatz im Grünen vor dem Fischteich ansprechend vorbereitet und festlich geschmückt. Chöre musizierten. Der Wind rauschte durch die Birken.
Als wir bei der Dankandacht in Rehweiler sangen: „Wir danken dir für deinen Heilgen Geist“ vibrierten die Fenster durch die Resonanz der Musik.
Am vergangenen Mittwoch hatten wir bereits einen festlichen Abend im CVJM-Haus in Haag: Den Dankabend für unsere Mitarbeitenden verbunden mit meinem 60. Geburtstag. Auch da haben viele zusammengearbeitet: beim Herrichten und Dekorieren des Saales, beim Ausgeben des Essens, beim Spülen und Reinigen. Andere backten Kuchen. Wieder andere machten mit beim Programm. Eins griff in das andere. Mein Gefühl: Alle waren von einer gemeinsamen Freude angesteckt. Für mich hatte das etwas Pfingstliches.
In Füttersee geht es heute weiter. In diesem Festgottesdienst und anschließend beim Essen zugunsten der Alten Schule. Viele fleißige Helferinnen und Helfer haben etwas für uns vorbereitet und freuen sich, wenn es wahrgenommen und angenommen wird.
In drei Wochen ist Füttersee nochmals auf den Beinen, um ein Fest auszurichten: 40 Jahre Schützenverein. Auch da werden viele zusammenhelfen. Einer allein könnte so etwas nicht bewerkstelligen.
Es gibt eine Geschichte von Mose. Sie zeigt, dass Mose nicht nur der einsame, große Anführer des Volkes war. Als das Volk in der Wüste Hunger hatte und gegen Mose aufbegehrte, stellte ihm Gott Mitstreiter an die Seite.
Ich lese aus dem 4. Buch Mose Kapitel 11 (12-17.24-30)
11Er fragte den Herrn: »Was spielst du deinem Knecht so übel mit? Warum bist du nicht auf meiner Seite? Du hast mir das ganze Volk aufgeladen. 12Bin ich etwa seine Mutter? Habe ich es zur Welt gebracht? Wie kannst du da zu mir sagen: ›Trag es so fürsorglich auf deinen Armen, wie man einen Säugling trägt! Trag es in das Land, das ich seinen Vorfahren versprochen habe!‹ 13Woher soll ich Fleisch nehmen für dieses ganze Volk? Sie liegen mir in den Ohren: ›Gib uns Fleisch zu essen!‹ 14Ich kann diese Last nicht allein tragen, sie ist zu schwer für mich. 15Bevor du das von mir verlangst, lass mich lieber sterben! Ich kann mein Elend nicht mehr mitansehen.«
16Da sagte der Herr zu Mose: »Versammle vor mir 70 Männer von den Ältesten Israels! Sie sollen dir als Älteste des Volkes und als Verwalter bekannt sein. Bring sie zum Zelt der Begegnung! Dort sollen sie sich zusammen mit dir aufstellen. 17Ich werde herabkommen und dort mit dir reden. Ich will ihnen etwas von dem Geist übertragen, den ich dir gegeben habe. Dann können sie zusammen mit dir die Last des Volkes tragen, und du bist nicht mehr allein. …
24Mose ging hinaus zum Volk und sagte ihm, was der Herr angedroht hatte. Er versammelte 70 Männer von den Ältesten des Volkes. Die stellte er rings um das Zelt der Begegnung auf. 25Da kam der Herr in einer Wolke herab und redete mit Mose. Auf die 70 Ältesten übertrug er etwas von dem Geist, den er Mose gegeben hatte. Sobald der Geist mit ihnen war, redeten sie eine Zeit lang wie Propheten.
26Zwei Männer waren im Lager zurückgeblieben. Sie hießen Eldad und Medad. Auch zu ihnen war der Geist gekommen, denn sie gehörten zu den 70 Ausgewählten. Aber sie waren nicht zum Zelt der Begegnung gekommen. Trotzdem redeten sie nun im Lager wie Propheten. 27Ein junger Mann lief zu Mose und berichtete ihm: »Eldad und Medad reden im Lager wie Propheten.« 28Da ergriff Josua das Wort: »Mose, mein Herr! Das musst du verhindern!« Josua war der Sohn von Nun und diente Mose seit seiner Jugend. 29Doch Mose entgegnete ihm: »Bist du an meiner Stelle empört? Wenn der Herr doch nur das ganze Volk zu Propheten machen würde! Der Herr könnte doch ihnen allen seinen Geist geben.« 30Dann kehrte Mose mit den Ältesten Israels ins Lager zurück.
Liebe Gemeinde! Mose fühlte sich von seiner Verantwortung für das Volk Israel überlastet, wie eine Mutter oder ein Vater, von einem ständig schreienden Säugling überfordert sein kann.
Dieses Volk war eine riesige Zumutung. Ständig verlangen sie mitten in der Wüste nach frischem Wasser, besserem Essen, mehr Fleisch – dabei ist er gar nicht die Mutter oder die Amme dieses Volkes. Das ist doch Gott selbst!
Mose ist jedenfalls mit seinen Kräften am Ende und fühlt sich von seinem Gott im Stich gelassen. Er ist so erschöpft, dass er lieber sterben möchte, als so weiter zu leben und als Ergebnis all seiner Mühe nur Unglück zu erleiden. In der heutigen Zeit würde man ihm vielleicht eine Erschöpfungsdepression diagnostizieren.
Und was tut Gott? Er belässt es nicht bei klugen Ratschlägen und verweist auch nicht auf ein oder zwei weitere Helfer, sondern fordert Moses auf, gleich 70 Älteste vor der Stiftshütte zu versammeln, damit sie ihn unterstützen können.
Die Erzählung zeigt sehr schön, wie menschlich Gott hier handelt, und Mose Unterstützung durch andere Männer zukommen lässt. Die Verantwortung wird auf viele Schultern verteilt. Mose muss sie nicht allein tragen. Was hier erzählt wird, ist aber mehr als nur ein Delegieren von Verantwortung, es ist mehr als eine Entlastung des Mose nach dem Motto „Viele Hände machen der Arbeit ein schnelles Ende.“
Es geht hier im tiefsten Sinn um Begeisterung. Wörtlich: 25Da kam der Herr in einer Wolke herab und redete mit Mose. Auf die 70 Ältesten übertrug er etwas von dem Geist, den er Mose gegeben hatte. Sobald der Geist mit ihnen war, redeten sie eine Zeit lang wie Propheten.
Gott lässt die 70 Ältesten mit dem Geist, den er Mose gegeben hat, in Verzückung geraten. Die Erzähler halten fest, dass es ein Geist ist, der alle vereint. Den Geist, den Gott Mose gegeben hat, denselben Geist, übertrug Gott auf die Ältesten. Halten wir fest: Mose wird hier nicht als überforderter Chef dargestellt. Den Ältesten wird auch nicht ein schlechtes Gewissen gemacht, dass sie Mose nicht unterstützen. Nein. Gott weckt Enthusiasmus und macht eine Vision erlebbar.
Gerne sucht man in Unternehmen und auch in der Kirche ein Leitbild, eine gemeinsame Vision, die die Mitarbeitenden nach innen motivieren und nach außen werben soll.
Vor der Kirche in Rehweiler ist seit unserem Gemeindefest 2019 eine Liedzeile von Zinzendorf als Leitbild für unsere Pfarrei vorgeschlagen: „ER (Christus) das Licht und wir der Schein.“ Für mich kommt da zum Ausdruck, dass wir als Christen miteinander etwas ausstrahlen von dem Einen, von Christus, der das Licht der Welt ist.
Den Geist Gottes, der uns eint, können wir nicht erzwingen, sondern nur erbitten. Gott gibt ihn. Dieser Geist weht, wo er will. Er lässt sich nicht vereinnahmen. Doch wenn man für den Geist offen ist – in der Kirche ebenso wie in der Familie, im Berufsleben, in Politik und Gesellschaft – dann kann sich vieles bewegen.
Mose fühlt sich nicht degradiert, als sein Geist auf die 70 verteilt wird. Er freut sich darüber. Auch als noch zwei weitere Männer aus dem Lager in Verzückung geraten, Eldad und Medad, ist das für ihn keine Bedrohung. Im Gegenteil: Er würde sich wünschen, dass alle Menschen einen direkten Draht zu Gott haben und zu Propheten werden würden. Denn so kann aus einem Volk, das wie Kleinkinder nach Fleisch quengelt, eine Gemeinschaft werden, die gemeinsam mit Gott unterwegs ist. Das ist wahrlich ein pfingstliches Ereignis: Aus lähmender Bedrückung wird eine begeisterte Bewegung.
Auch wir brauchen diesen pfingstlichen Geist. In der Kirche, die sich selbst treu bleiben und sich zugleich weiter verändern muss, um ihre Aufgabe erfüllen zu können.
In unseren Familien, die längst neue Formen angenommen haben.
In unserer Gesellschaft, die immer wieder von neuen Herausforderungen steht.
Im ganz Großen, wenn es um Weltfrieden, die Umwelt- und Klimakrise und die gerechte Verteilung von Lebensgütern und -chancen geht.
Und in unserem kleinen eigenen Leben.
Lasst uns um Gottes Geist bitten. Lasst uns geduldig auf ihn warten Und wenn er dann kommt: Lassen wir es dann zu, von ihm angesteckt und bewegt zu werden. Komm Heiliger Geist!
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle menschliche Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus.
Wir beten mit Worten von Lothar Zenetti:
Komme, geheimnisvoller Atem, leiser zärtlicher Wind,
hauch uns an, damit wir leben, ohne dich sind wir tot!
Komme, in Feuer und in Flammen, zünd uns an wie ein Licht,
mach uns trunken von der Liebe, wir sind starr, tau uns auf!
Komme, Erfinder neuer Sprachen, gieß dich aus über uns,
red in uns mit neuen Zungen, komm, begeistere uns!
Komme, du Hoffnung aller Armen, schaff den Wehrlosen Recht,
dass die Gebeugten sich erheben, dass sich Völker befrein!
Komme, du Tröster aller Müden, Stille mitten im Lärm,
in den Terminen schaff uns Pausen, lass uns ausruhn in dir!
Komme, du Taube, übers Wasser, bring den Ölzweig herbei,
bring uns das Zeichen für den Frieden, den die Erde ersehnt!
Komme vom Vater und vom Sohne, komm, du schaffende Kraft,
mach uns neu, und unsrer Erde hat ein neues Gesicht.