Bei einem Ausflug der Pfarrei Rehweiler gab Pfarrer Martin Fromm eine Führung in der Rüdenhäuser Kirche. Aus dem Vorgängerbau sind noch einzelne Figuren (Petrus und Paulus) und das Grabmal für Graf Georg II. (1527-1597) erhalten.
Georg II. begründete die Linie Castell-Rüdenhausen. Mit seinen Brüdern führte er die Reformation in der Grafschaft Castell ein und war dann auch unter den Erstunterzeichnern der Konkordienbuches. Daher ist auch eine Erstausgabe des Konkordienbuches in Rüdenhausen vorhanden, die Pfarrer Fromm präsentierte. Das Konkordienbuch ist eine Sammlung von Bekenntnissen und Schriften, auf die sich die nach Luthers Tod zerstrittenen Theologen schließlich einigten und damit 1580 die Einheit der lutherischen Kirche sicherten.
Ein zweites Epitaph über dem Eingang zur Sakristei erinnert an den Erbauer der Kirche, Graf Johann Friedrich (1675-1749).
Dieser war um 1700 im Besitz von Rehweiler und ließ den wüsten Ort wieder besiedeln. Durch Verkauf an den Castellschen Beamten und Weiterverkauf wurde 1734 Graf Friedrich Ludwig von Castell-Remlingen („Graf Lutz“) Eigentümer des Örtleins und Guts Rehweiler. Spannungen mit seinem Verwandten in Rüdenhausen blieben nicht aus. Graf Johann Friedrich ließ die Kirche in Rüdenhausen erbauen (1708 - 1712) und einzelne Kunstwerke des Vorgängerbaues übernehmen. 7 Jahre hat ein Spendensammler, ein Malergeselle, in allen deutschen Landen vom Bodensee bis Holland Geld für den Kirchbau gesammelt. Dabei erhielt er nicht nur in lutherischen Gemeinden Spenden, sondern auch in katholischen Klöstern, in reformierten und in jüdischen Gemeinden. Ein Großteil der Kosten wurde auch über Kredite abgedeckt. So gab die Kartause Ilmbach einen Kredit über 400 Gulden. Man sieht, wie es damals auch Ökumene gab.
Die Tochter des Baumeisters Johann Michael Zäuner, der die Rüdenhäuser Kirche gebaut hat, vermachte 1778 der Gemeinde mit ihrem Tod 50 Gulden. Davon wurde der im Süddeutschen Raum einzigartige mobile Taufengel angeschafft. Die frühere Vermutung, dass der Taufengel um 1709 von einer Gräfin gestiftet worden sei, lässt sich nicht halten. Der Lorbeerkranz ist ein Symbol für den Sieg über den Tod: durch die Taufe wird ewiges Leben zuteil durch die Zugehörigkeit zum auferstandenen Christus.
Der Taufengel wurde bewusst vor dem Altar aufgehängt, damit er beim Abendmahl daran erinnert, dass hier die Gemeinschaft der Getauften beisammen ist. Durch die Abendmahlsszene in der Predella wird die Verbundenheit mit Christus im Heiligen Abendmahl unterstrichen. Die Orgel fand 50 Jahre nach der Einweihung der Kirche ihren heutigen Platz auf der Empore über dem Altar.
Pfarrer Fromm hob auch ins Bewusstsein, dass das Altarbild Ausdruck lutherischer Frömmigkeit ist. Maria Magdalena umfasst liebevoll das Kreuz. Der gekreuzigte Jesus erscheint wie das Licht in der Finsternis und überwindet es. Im Gegensatz zu Maria Magdalena, die sich dem Heiland zuwendet, kehrt sich ein römischer Soldat ab und reitet in die Dunkelheit davon.
Vom Altar mit dem Gekreuzigten geht der Pfarrer durch die Sakristei auf die Kanzel. Pfarrer Fromm deutet dies symbolisch: der Pfarrer macht sich als Bote Gottes vom Altar aus auf den Weg zur Kanzel. Diese ist mit den vier Evangelisten und Christus bemalt. Den Schalldeckel ziert ein Posaunenengel. Pfarrer Fromm wies auf die militärische Symbolik hin: Mit Posaunen wurde zum Angriff geblasen. Boten melden den Sieg. Der Lorbeerkranz ist ein Attribut für den Sieger. Die Siegesfahne mit dem Christusmonogramm geht auf den Sieg des Kaisers Konstantin gegen seinen Rivalen Maxentius 312 an der milvischen Brücke zurück. Zwischen Kirchenschiff und Chor ist ein Bogen an der Decke angedeutet – Symbol für einen Triumphbogen für den sieghaften Feldherrn.
Manche kamen durch diese interessante Führung zum ersten Mal in die Kirche von Rüdenhausen, obgleich sie so nahe ist. Zum Kaffeetrinken kehrten die fast 30 Teilnehmenden in Abtswind in der Ölmühle ein.