Luther schrieb 1527 an Johann Hess, als die Pest in Wittenberg ausbrach:
"Wenn Gott tödliche Seuchen schickt, will ich Gott bitten, gnädig zu sein und der Seuche zu wehren. Dann will ich das Haus räuchern und lüften, Arznei geben und nehmen, Orte meiden, wo man mich nicht braucht, damit ich nicht andere vergifte und anstecke und ihnen durch meine Nachlässigkeit eine Ursache zum Tode werde. Wenn mein Nächster mich aber braucht, so will ich weder Ort noch Person meiden, sondern frei zu ihm gehen und helfen. Siehe, das ist ein gottesfürchtiger Glaube, der nicht tollkühn und dumm und dreist ist und Gott nicht versucht." (Luthers Werke Band 5, Seite 334f.)
In einer Predigt zu Mk 5, 21-43 schrieb Luther (sprachlich geglättet):
"Wenn ich die Pest gleich tausend Mal an meinem Leibe hätte, will ich mich darum nicht zu Tode fürchten; denn ich habe Christus, Ist es sein Wille, so soll mir die Pest weniger schaden als ein Floh unter meinem Arm; der frisst und sticht wohl ein wenig, er kann mir aber das Leben nicht nehmen. Aber weil wir nicht glauben und solche geistliche Augen nicht haben, kommt es, dass wir uns so fürchten und verzagen, und in so närrische Gedanken geraten. Alles Unglück, wie groß es vor deinen Augen ist, vor unserem Herrn Christus weniger denn nichts ist. Darum, so du Sünde, Krankheit, Armut oder anderes an dir siehst, sollst du nicht erschrecken; tue die fleischlichen Augen zu, und die geistlichen auf, und sprich: Ich bin ein Christ, und habe einen Herrn, der mit einem Wort diesem Unrat allem wehren kann. Was will ich mich darum so sehr bekümmern? Darum sollen wir doch glauben, vor Gott habe es ein ganz anderes Ansehen, und fröhlich sagen: obgleich Armut, Pest und Tod da sind, so weiß ich doch, als ein Christ, von keiner Armut, Tod noch Pest; denn vor meinem Herrn Christus ist es lauter Reichtum, Gesundheit, Heiligkeit und Leben. Gott gebe uns solche geistlichen Augen um Christi willen, dass wir durch den Heiligen Geist das Unglück anders denn die Welt ansehen, und solchen Trost behalten, und endlich mögen selig werden. Amen"
Martin Luther empfinde ich immer wieder erfrischend. Seine Sprache mag manchmal derb klingen, seine Theologie hier und dort pragmatisch-einfach. Dennoch braucht es heute dieses kindliche Vertrauen auf Gottes Gegenwart und Durchhilfe, die uns vor Leichtsinn auf der einen Seite und Überängstlichkeit auf der anderen Seite bewahrt. Unser Leben steht in Gottes Hand; ebenso unsere Welt. Gerade in unserer Corona-Krise können wir durch das Vertrauen auf den Gekreuzigten und Auferstandenen neue Hoffnung für uns selbst und für diese Welt gewinnen. Wir müssen nicht ängstlich in der Ecke sitzen, brauchen aber auch nicht in Hyperaktivität verfalen. "Gott sitzt im Regimente und machet alles wohl." (Martin Schrott)
Das Foto von Melanchthon und Luther entstand 2015 auf der Landesgartenschau in Schmalkalden 2015. Die Bronzeskulpturen stammen von dem Bildhauer Klaus Metz, 97657 Langenleiten.