Der Künstler Pater Meinrad Dufner hat Krippenfiguren aus aller Welt in der Abteikirche Münsterschwarzach ausgestellt und gibt dazu Führungen. Dabei deutet er die Figuren tiefenpsychologisch und geistlich: das Kind, die Mutter, der Vater, die Hirten, die drei Könige, die Tiere, die Engel.
Das Kindsein trägt jeder Mensch in sich.
Ein Kind braucht Vertrauen und Geborgenheit (schlafendes Jesuskind).
Ein Kind braucht Beziehungen (offene Arme des Jesuskindes).
Ein Kind braucht den Blickkontakt (offene Augen des Jesuskindes).
Ein Kind braucht eine Unterlage, die es vor Kälte und Nässe schützt (Krippe, Decke).
Die Erfahrungen mit der Mutter tragen wir auch alle in uns. Maria ist darüber hinaus ein Sinnbild für alle Glaubenden. Sie ist empfänglich für Gottes Wort. Wie ein Gefäß, das viel aufnehmen kann. Wer über ein Bibelwort meditiert (z.B. "Der Herr ist mein Hirte" oder "Der Herr ist mein Heil"), der bewegt es wie Maria in sich. Ihm wächst ein besonderes Vertrauen zu, das von der Umgebung nicht unbemerkt bleibt.
Der Mystiker Meister Eckart hat darum Maria mit der menschlichen Seele gleichgesetzt: "Der Vater spricht das Wort in die Seele, und wenn der Sohn geboren ist, wird jede Seele Maria... Maria ist nicht gesegnet, weil sie Christus leiblich trug, sondern weil sie ihn geistig gebar. Und hierin vermag ein jeder ihr gleich zu werden."
Der Vater Josef steht für Nachdenklichkeit und Handeln, für Kontemplation und Aktion, für Beten und Handeln (ora et labora). In vielen Krippendarstellungen macht er etwas für das Kind und die Mutter: er macht Feuer, er hält die Laterne, deckt das Kind zu, er schützt es... Beten ohne Handeln taugt zu nichts, Handeln ohne Gebet führt leicht zu geistlosem Aktionismus.
Pater Meinrad Dufner empfahl, in die Haltung des schützenden Josef zu gehen und dieser Geste körperlich nachzuspüren.
Die Hirten sind neugierig. Sie lassen sich aus ihrem armen Alltag herausrufen. Kaufleute, die am Stall vorbeigekommen wären, wären gleich wieder weitergegangen: Hier gibt es nichts zu verdienen. Aber die Hirten haben sich für die Geschichte interessiert.
Die drei Könige haben sich auf den Weg gemacht, weil sie offen waren für das Neue. Sie haben ganz lange Hälse. Sie wachsen über sich hinaus. Gott will keine Bücklinge. Er will, dass wir groß werden. So wie Eltern das auch für ihre Kinder wollen, dass etwas Großes aus ihnen wird. Maria hat das auch erfahren: Gott hat mich groß gemacht, darum macht meine Seele ihn groß - so im Magnifikat.
Als Franz von Asissi die Weihnachtsgeschichte mit seinen Brüdern sinnlich erfahrbar nachspielte, war das auch gegen die Abwertung des Körperlichen durch die Katharer gerichtet. Gott wurde Mensch. Das Wort wurde Fleisch. Damit ist alles Körperliche geadelt und nicht abgewertet. Es war ein jahrhundertelanger Schwachsinn, dass man den Tieren eine Seele abgesprochen hat. Jeder, der eine engere Beziehung zu einem Tier hat, weiß, dass Tiere etwas spüren, dass sie kommunizieren und auf Ansprache reagieren. Wer im Himmel nur eine Gebetbank sucht und sich den Himmel ohne Tiere vorstellt, die Gott genauso geschaffen hat wie die Menschen, ist ein armer Tropf.
In manchen Krippen wärem die Tiere das Jesuskind mit ihrem Atem. Es ist berührend zu anzuschauen, welchen Ausdruck Künstler den Tieren an der Krippe geben.
Schließlich die Engel. Sie stehen für das Unsagbare. Sie bringen die gute Nachricht in unsere vom Tod verfallene Welt. Besonders gut gefällt Pater Meinrad der Blechdosenengel aus Afrika. Auf der Rückseite seines Flügels kann man noch "Insektizid" lesen. Die Dose enthielt ein Insektengift.
Die Flucht nach Ägypten zeigt, wie jeder Mensch etwas kennt, wovor er davonläuft und flieht. Man weicht Bedrohnungen aus. Sind die Bedrohungen vorbei, kehrt man zurück.
Aus einer umgedrehten Wurzel hat ein Künstler aus Tansania vor über 50 Jahren diese Krippe geschnitzt.