Erntedank. Jedes Jahr bringen wir Erfahrungen mit dem Wetter und der Ernte mit. Kein Erntejahr gleicht dem anderen. Insgesamt hat es in diesem Sommer relativ viel geregnet. Manche haben die Wärme vermisst. Der Sommer war bei uns nicht so heiß wie in den Vorjahren oder wie in Südeuropa. Für den Wald, das Grünfutter, den Mais und anderes war der Regen sehr gut. Von einem Winzer habe ich gehört, dass er in diesem Jahr öfter spritzen musste gegen Pilze, die bei Feuchtigkeit gut gedeihen. Es gab sogar eine Knappheit bei Spritzmitteln.
Die Kehrseite des Regens waren auch bei uns mehrmals Starkregen- und Hochwasserereignisse. Der Klimawandel zeigte seine zerstörerischen Seiten durch Flutkatastrophen und durch verheerende Hitzeperioden mit vielen Waldbränden.
Beim Vorbereiten der Erntedankpredigt geht mir immer allerhand durch den Kopf.
Ich frage mich seit Jahren: Können wir überhaupt noch unbeschwert Erntedank feiern? Wir hören ständig von vielen Problemen im Umgang mit der Schöpfung.
Die Menschheit beutet die Erde rücksichtslos aus.
Die Folgen bekommen wir zu spüren – Jahr für Jahr mehr.
Wie geht es Ihnen persönlich mit Erntedank?
Mit einer Portion Trotz sage ich klar und deutlich:
Es wäre schade, wenn wir das Erntedankfest aufgeben.
Wir haben genug Gründe, heute Erntedank zu feiern.
Es ist wichtig, dass wir den Erzeugern unserer Lebensmittel, den Landwirten, Gärtnern und Erntehelfern einmal danke sagen.
Die meisten von uns gehören ja dazu und haben selbst das eine oder andere ernten können in diesem Jahr.
Wir haben allen Grund, Gott zu danken, dem Schöpfer und Geber aller Gaben.
Euch Präparanden ist es nicht schwergefallen, etwas aufzuschreiben, wofür ihr dankbar seid.
Ihr seid dankbar für euer Leben, für eure Gesundheit, dass der Unterricht wieder in Präsenz stattfinden kann, für eure Familie, für alles, was ihr habt und liebt.
Worte aus dem Matthäusevangelium haben euch noch weiterdenken lassen. Johanna hat eine Seligpreisung illustriert: „Selig sind, die da die hungern und dürsten nach Gerechtigkeit, denn sie sollen satt werden.“
Da sieht man in einem Herzen allerlei Speisen und die Worte: „Essen für alle“. So soll es nach Gottes Willen sein. Aus einer Wolke ragen Gottes Hände hervor, die animieren wollen, dass der leere Teller gefüllt wird. Neben dem leeren Teller sind zwei traurige Gesichter gemalt. Auch das gehört zum Erntedankfest, dass wir die nicht vergessen, denen es nicht so gut geht und dass wir für Gerechtigkeit eintreten.
Liebe Präparanden, ihr seid die erste Gruppe, die ich schon in der Grundschule kennenlernen durfte. Ich staune, wie groß ihr in den letzten zwei Jahren geworden seid. Ihr habt euch alle gut entwickelt. Ihr seid auf einem guten Weg. Auch in dieser Hinsicht darf heute die Dankbarkeit an erster Stelle stehen.
„Dankbarkeit ist der Schlüssel zur Lebensfreude. Wir halten diesen Schlüssel in unseren eigenen Händen.“ Wir entscheiden selbst, ob wir unsere Gedanken und Gefühle auf den Mangel lenken oder auf das, was unser Leben bereichert. Das Erntedankfest will uns helfen, dass wir Gottes Segen in unserem Leben wahrnehmen und der Dankbarkeit Raum geben.
Ich habe den Eindruck, dass das Ausmaß der Dankbarkeit mit dem Alter zunimmt. Gerade bei älteren Menschen höre ich immer wieder, wie sie dankbar sind für jeden Tag, an dem sie selbst aufstehen können. „Jeder Tag ist Gnade.“ Oder da sagt ein Mann immer wieder: „Ich nehme jeden Tag zwei Pillen, die mir guttun. Die eine Pille heißt Dankbarkeit, die andere Pille heißt Zufriedenheit.“
Gesundheit, Wohlergehen in der Familie, finanzielle Sicherheit, eine liebevolle Partnerschaft, gute Freundschaften - all das sind Dinge, die nicht selbstverständlich sind. Im Alter erst recht nicht.
Dankbare Menschen sind glücklicher. Dankbarkeit steigert die Lebensfreude.
Gehirnforscher haben herausgefunden, dass Menschen etwa fünfmal so stark die Tendenz haben, Negatives zu sehen als Positives. Im Lauf der Menschheitsgeschichte haben wir uns angewöhnt, nach Bedrohungen und Gefahren Ausschau zu halten. Früher war das für das Überleben sinnvoll, doch heute ist es nicht mehr nötig. Und trotzdem ticken wir noch so – mit der Folge, dass wir oft wenig dankbar sind.
Dominik hat sich das Wort vorgenommen: „Viele werden kommen von Osten und von Westen und mit Abraham und Isaak und Jakob im Himmelreich zu Tisch sitzen.“
Du hast einen Tisch in den Himmel gemalt. Drei Personen sitzen am Tisch: die drei Erzväter Abraham, Isaak und Jakob. Oben ist der Lichtglanz der Sonne zu sehen und unten ein Wolkenband. Von links und rechts strömen Menschen herbei. Tischgemeinschaft für alle. Diese Vision hat auch den Apostel Paulus angetrieben. Wenn man es etwas flapsig ausdrückt, kann man sagen: Seine Missionsgesellschaft in Jerusalem, die Urgemeinde, war schnell in die roten Zahlen geraten. Darum sammelte Paulus für die verarmte Gemeinde in Jerusalem Geld in den jungen Missionsgemeinden in Griechenland, um damit die Christen in Jerusalem zu unterstützen.
In diesem Zusammenhang schreibt Paulus an die Christen in Korinth:
Jeder soll für sich selbst entscheiden, wie viel er geben will, und zwar freiwillig und nicht aus Pflichtgefühl. Denn Gott liebt einen fröhlichen Geber. Er wird euch dafür alles schenken, was ihr braucht, ja mehr als das. So werdet ihr nicht nur selbst genug haben, sondern auch noch anderen von eurem Überfluss abgegeben können...
Paulus macht den Christen in Korinth also bewusst: Ihr seid reich.
Ihr seid von Gott gesegnet. Gott hat euch viel gegeben. Wenn ihr euren Reichtum mit den notleidenden Christen in Jerusalem teilt, dann werdet ihr merken, dass ihr nicht ärmer werdet. Die anderen werden euch dankbar sein, für euch beten und Gott loben. An eurem Verhalten können sie erkennen, wie sich der Glaube positiv auswirkt.
Im Evangelium haben wir es ähnlich gehört. Jesus leitet die Jünger zum Teilen an. Er nimmt die sieben vorhandenen Brote und die Fische, dankt Gott dafür, und lässt alles austeilen. Da geschieht das Wunder, dass alle satt werden. Essen für alle. Leben in Frieden für alle. Das ist ein Anliegen, das das Erntedankfest in uns wachrufen will.
Wir hören heute von der Kollekte des Apostels Paulus für die verarmte Gemeinde in Jerusalem. Dass wir in unseren Gottesdiensten gewöhnlich eine Kollekte sammeln, hat damit zu tun, dass wir für Menschen in Not beten und mit ihnen auch teilen, was uns anvertraut ist.
Die Kollekte heute ist für Mission EineWelt bestimmt. Viele Projekte in armen Ländern können dadurch gefördert werden. Zum Beispiel in El Salvador. El Salvador zählt zu den gewalttätigsten Ländern der Erde. Auf der Suche nach einem besseren Leben fliehen junge Menschen Richtung USA. Unterwegs erleiden sie oft neue Gewalt und werden am Ende aufgegriffen und wieder zurückgeschickt. Um ihre traumatischen Erlebnisse zu verarbeiten, benötigen viele Hilfe von Psychologen. Hier unterstützt Mission EineWelt Projekte, wo diese Hilfe angeboten wird.
Mich erstaunt es, wie umsichtig Paulus schon damals an die Christen in Korinth geschrieben hat: Ihr seid reich, um Gutes zu tun. Eure Spenden sollen nicht bewirken, dass die Anderen gute Tage haben und ihr Not leidet, sondern dass es zu einem Ausgleich kommt.
Ja, es gibt Ungerechtigkeit in der Welt, es gibt eine ungerechte Verteilung der Güter. Und wir sind es, die daran etwas ändern können.
Dankbarkeit lässt uns die Fülle des Lebens spüren.
Dankbarkeit verbindet uns mit anderen Menschen.
Dankbarkeit verbindet uns mit Gott.
„Dankbarkeit ist der Schlüssel zur Lebensfreude. Wir halten diesen Schlüssel in unseren eigenen Händen.“ Wir entscheiden selbst, ob wir unsere Gedanken und Gefühle auf den Mangel lenken oder auf das, was unser Leben bereichert.
Das Erntedankfest will uns helfen, dass wir Gottes Segen in unserem Leben wahrnehmen und der Dankbarkeit Raum geben.
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus.