Ich lade Sie ein, für einen Moment in sich hineinzuhören. Was bewegt Ihr Herz zurzeit? Worüber denken Sie nach, wenn Sie einschlafen oder aufwachen? Welches Thema schiebt sich in den Vordergrund?
Ist mein Herz fröhlich gestimmt, mutig, voller Tatendrang?
Oder spüre ich eher eine traurige Seite, Ängste, Sorgen, Stress?
In unserem Herz hat vieles Platz. Nicht alles ist gesund, nicht alles tut uns gut. Es ist wichtig, auf die Regungen des eigenen Herzens zu achten, ihnen nachzuspüren, ihre Botschaft richtig zu deuten.
Kolosser 3, 12-17:
12 So zieht nun an als die Auserwählten Gottes, als die Heiligen und Geliebten, herzliches Erbarmen, Freundlichkeit, Demut, Sanftmut, Geduld;
13 und ertrage einer den andern und vergebt euch untereinander, wenn jemand Klage hat gegen den andern; wie der Herr euch vergeben hat, so vergebt auch ihr!
14 Über alles aber zieht an die Liebe, die da ist das Band der Vollkommenheit.
15 Und der Friede Christi, zu dem ihr auch berufen seid in einem Leibe, regiere in euren Herzen; und seid dankbar.
16 Lasst das Wort Christi reichlich unter euch wohnen: lehrt und ermahnt einander in aller Weisheit; mit Psalmen, Lobgesängen und geistlichen Liedern singt Gott dankbar in euren Herzen.
17 Und alles, was ihr tut mit Worten oder mit Werken, das tut alles im Namen des Herrn Jesus und dankt Gott, dem Vater, durch ihn.
Im Kolosserbrief werden wir angesprochen als Menschen, die Gott in sein Herz geschlossen hat. Wir haben Platz im Herzen Gottes als Auserwählte, als Heilige, als Geliebte. Wir gehören zu ihm. Über unserem Leben steht ein großes Ja. Ein Ja, das uns versöhnt mit dem scheinbar Sinnlosen.
Das zu hören kann uns das Herz weiten.
Das zu hören, kann Freude, Dankbarkeit, Mut und Hoffnung schenken.
Im Kolosserbrief werden wir auch angesprochen als solche, denen Frieden geschenkt wurde, der sich entfalten soll. Der Friede Christi regiere in euren Herzen.
Ein schöner Gedanke: Der Friede soll regieren, zuerst im eigenen Herzen. - Es war das erste, was der auferstandene Jesus seinen verängstigten Jüngern zusprach: „Friede sei mit euch!“ Das ist mehr als eine liturgische Floskel oder ein konventioneller Gruß.
Dieser Wunsch Christi möchte in uns seine Erfüllung finden. Friede im Herzen - das bedeutet: mit sich im Reinen zu sein, zur inneren Ruhe zu kommen, hoffnungsvoll in die Zukunft zu schauen.
Es gibt freilich vieles, was diesen Frieden gefährdet und uns mehr erfüllt als es sollte: Tag für Tag beunruhigende Nachrichten, die sehr „zu Herzen“ gehen, Wahrnehmungen an uns selbst, die nichts mit Frieden zu tun haben. Wir können den Frieden Christi nicht selbst machen. Wir können uns für diesen Frieden nur offenhalten, indem wir ihn uns zusprechen lassen: Der Friede Christi, zu dem ihr auch berufen seid in einem Leibe, regiere in euren Herzen.
Liebe Gemeinde,
ich ziehe drei Gedanken aus unserem reichhaltigen Predigttext, der ja auch zu den Schriftlesungen bei Trauungen gehört:
1. Der Friede im eigenen Herzen.
2. Der Friede in einem Leibe.
3. Das Lied der Dankbarkeit im Herzen.
1. Das erste: Der Friede im eigenen Herzen
Indem wir Gottesdienst feiern und uns dem Wort Gottes aussetzen, öffnen wir uns für den Frieden Christi. Wenn es gut geht, führt der Gottesdienst unser Herz in den Frieden Christi zurück, so wie es im Kanzelsegen heißt: Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus.
Der Friede Christi wird uns heute neu zugesprochen und soll Raum in unseren Herzen gewinnen, so dass wir dem Herrn ein neues Lied singen.
2. Das Zweite: Der Friede in einem Leibe
Von den altägyptischen Wüstenvätern stammt der zentrale Satz: „Keine Tugend ist wie diese: nicht verachten!“ Das klingt geradezu minimalistisch, aber wenn wir unser Leben genau ansehen, dann wird uns bewusst, wie nötig dieses Gebot ist und wie wenig selbstverständlich seine Einhaltung ist. „Nicht verachten!“ Das heißt, der eigenen inneren Neigung zum Verachten anderer beharrlich und konsequent zu widerstehen. Wenn das gelingt, dann sind wir als Gemeinde schon auf einem guten Weg. Außenstehende sollen spüren,
dass ein Geist der Wertschätzung in der Kirchengemeinde regiert. Das heißt nicht, dass Probleme unter den Teppich gekehrt werden. Aber das Band der Liebe hält alle zusammen.
3. Das Dritte: Das Lied der Dankbarkeit im Herzen.
Das soll heute am Sonntag Kantate besonders betont werden: Singt Gott dankbar in euren Herzen. Kennzeichen einer christlichen Gemeinde ist nicht zuletzt ihr Gesang. Wir singen nicht nur bei fröhlichen Anlässen, wenn unser Herz leicht ist. Wir singen auch, wenn Leid und Trauer das Herz beschweren.
Das Singen von Psalmen und Lobgesängen ist ein wesentliches Stück Glaubenspraxis. Es gehört einfach dazu, nicht nur am Sonntag Kantate, sondern immer, wenn Christen zusammenkommen. Im Gesang gewinnt der Glaube eine besondere Gestalt, da wird er leibhaftig. In der Gemeinde dürfen alle singen, seien sie geübte Sänger oder nicht. Im Singen öffnen wir immer auch ein wenig unser Herz.
Die Melodien und Rhythmen helfen uns dabei, Gefühlen des Dankes und der Freude, der Hoffnung und des Trostes Ausdruck zu verleihen, ja sie mitunter sogar erst zu erwecken. Wenn wir früh noch etwas müde in den Gottesdienst kommen, gilt das sogar im wörtlichen Sinne!
Der Gesang nimmt etwas auf, das sich mit gesprochenen Worten viel schwerer ausdrücken lässt. Selbst alte Lieder, deren reiner Text uns vielleicht etwas seltsam und fremd berühren mag, gewinnen an Ausdruckskraft, wenn wir sie singen. Gesang schafft eine neue Atmosphäre, lässt Vertrautes lebendig werden und hebt uns selbst ein Stück über uns hinaus.
Wo es in Familien üblich ist, zum Geburtstag oder anderen festlichen Anlässen miteinander etwas zu singen, spürt man ja auch dort, wie sich die Stimmung wandelt, wie Dank, Freude und Liebe an Intensität gewinnen.
Ohne Musik und ohne Kirchenmusiker kann ich mir christlichen Gottesdienst und gemeindliches Leben nur ganz schwer vorstellen. Offensichtlich war das von Anfang an so, in der Gemeinde von Kolossä gewiss. Gebe Gott, dass es auch in Zukunft so bleibt.
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus.