Hanspeter Kern: Heute müssen wir Abschied nehmen von Siegfried Sauerbrey. Sein Tod kam nicht überraschend, er hat sich lange angekündigt, und Siegfried hat das gewusst und er hat gelernt, damit umzugehen. Nüchtern, sachlich und im festen Glauben an Gott, so, wie er es sein Leben lang gehalten hat.
Schon vor einiger Zeit hat Siegfried seine Wünsche für seine Beisetzung formuliert: die Lieder, das Bibelwort und dann den Verlauf seines Lebens in Stichpunkten beschrieben:
Geboren wurde er am 24. Okt. 1939 in Rehweiler als 6. Kind der Eheleute Konrad und Dora Sauerbrey. Mit 7 weiteren Geschwistern ist er aufgewachsen, zwei weitere sind im Kleinkindalter verstorben. In Rehweiler besuchte er von 1945 bis 1953 die Volksschule. 1952, am 20. April wurde er konfirmiert.
Pfr Arndt gab ihm als Konfirmationsspruch ein Wort aus dem Buch des Propheten Jeremia mit: „Kommt, wir wollen uns dem HERRN zuwenden mit einem ewigen Bund, der nimmermehr vergessen werden soll.“ (Jeremia 50,5)
Dieses Wort ist Siegfrieds Leitmotiv geblieben, den Bund mit Gott hat er gehalten. Ihn gar vergessen, das wäre nicht in Frage gekommen für ihn. Er wusste sich sein Leben lang mit Gott verbunden.
1967 am 15. Juli heiratete er Betty Hack, die standesamtliche Trauung war in Rehweiler, kirchlich wurden sie in Hohnsberg durch Pfr. Wunderer aus Kirchrimbach getraut.
10 Kinder wurden ihnen geschenkt. Und inzwischen 28 Enkel.
2017 am 3. Okt, feierten sie – wegen eines Krankenhaus-Aufenthaltes erst nachträglich – im großen Familienkreis noch ihre Goldene Hochzeit. Wenige Wochen später, am 2. Dez. 2017 verstarb seine Ehefrau Betty.
Siegfried Sauerbrey arbeitete nach Schulzeit und Militärdienst zunächst im Wald, dann übernahm er eine Stelle als Schachtmeister im landwirtschaftlichen Wegebau beim Flurbereinigungsamt Würzburg und leitete hier auch die Arbeiten beim Bau der Flurbereinigungswege in Rehweiler. 1971 begann er dann als Straßenwärter und später als Straßenmeister beim Landkreis. Der gewissenhafte und zuverlässige Einsatz der Streufahrzeuge in den frühen Morgenstunden im Winter gehörte hier beispielsweise zu seinem Verantwortungsbereich.
2002 ging er in den Ruhestand.
Neben seiner beruflichen Tätigkeit war Siegfried Sauerbrey vielfach ehrenamtlich tätig. Im Gemeinderat, als Feldgeschworener, im Posaunenchor, im Kirchenvorstand und über die Gemeindegrenzen hinaus im Dekanatsausschuss, im CVJM, hier als Vorsitzender, als 2. Vorsitzender im Diakonieverein.
46 Jahre hielt er als Lektor und später auch als Prädikant viele Gottesdienste in der eigenen Kirchengemeinde, im ganzen Dekanat und in den Nachbardekanaten.
Und er tat es gerne. Einmal vor vielen Jahren erzählte er schmunzelnd und auch voll Stolz, dass er im vergangenen Jahr sogar mehr Gottesdienste als der Pfarrer gehalten habe.
Als wir am vergangenen Montag zu seiner Aussegnung an seinem Sarg standen, da sahen wir ihn ein letztes Mal - in seinem Prädikantentalar. Der war der sichtbare Ausdruck seiner inneren Überzeugung, seines Glaubens, seiner ungebrochenen Liebe und Treue zu seinem Gott. Ein angemessener Anzug. Überzeugt und überzeugend hat er seinen Glauben gelebt und weitergegeben. In Familie und Kirche, in der Arbeit und im öffentlichen Leben. Bei ihm wusste man, wen man vor sich hatte und wofür er stand. Im 2019 verabschiedete Pfr. Gernert ihn im Gottesdienst aus seinem langjährigen Prädikantenamt und dankte ihm für seinen treuen Dienst über die vielen Jahre.
Als es nach dem Tod seiner Frau Betty stiller geworden ist im Haus, da nutzte er die Zeit, und verfasste zwei Andachtsbüchlein, zur Passionszeit und zu den Wochensprüchen im Kirchenjahr, hier u.a. auch zum Wochenspruch dieser Woche, in der er heimgegangen ist: Alle eure Sorge werft auf IHN, ER sorgt für euch. Hier machte er Mut, Sorgen loszulassen, sie Jesus zu überlassen, denn: Jesus sorgt für mich. Er wollte weitergeben, was sein Herz erfüllte.
Siegfried konnte viel erzählen, Geschichtliches ebenso wie auch Anekdoten, oft verbunden mit der genauen Datumsangabe. Er war ein wandelnder Almanach, wie ein Lexikon, er hatte die wunderbare Gabe, sich wichtige Daten, Geburtstage und Jahrestage z.B. und vieles mehr zu merken. Und er hatte die Gabe zu dichten. Kein wichtiges Ereignis in seinem Umfeld blieb ohne ein passendes Gedicht, mit Humor und zugleich mit Sinn und Tiefgang.
Das Singen, zuhause und über viele Jahre natürlich auch im Kirchen- oder Singchor, gehörte zu seinen Leidenschaften. Auch für heute hat er die Lieder ausgewählt. Pfr Gernert erzählte mir, dass das Lied „Ich singe dir mit Herz und Mund“ zu seinen Lieblingsliedern gehörte. Wir werden es nachher am Friedhof singen.
Er hatte gerne seine große Familie um sich, besonders die Schlachtfeste im großen Kreis genoss er.
Im Glauben bleiben, in einer unverbrüchlichen, persönlichen Beziehung zu Gott und ihm dienen, das war sein innerstes Anliegen. In aller Fröhlichkeit und Freiheit. Danke, Herr, dass ich bei dir sein darf, so hat er gebetet, als ihn schon die körperliche Kraft mehr und mehr verließ. Innerlich hat ihm diese Gewissheit gestärkt bis zuletzt: bei Gott sein dürfen, in seiner Gegenwart leben und wenn es denn so weit ist, auch zu ihm hin sterben.
So war bei ihm auch keine Angst zu spüren. Sterben, das war für ihn ein Heimgehen zu Gott, seinem himmlischen Herrn und Vater.
Und wenn es ohne große Not geschehen würde, dann würde es eine besondere Gnade sein. Gut, dass wir von der Gnade leben, meinte er im Blick darauf, dass wir als Menschen ja auch viele Fehler machen. Gut, dass wir von der Gnade leben.
Gnade hat er vielfältig erleben und erkennen dürfen in seinem Leben. Seine Kinder und Enkel waren für ihn eine große Freude und auch Stolz. Nicht zuletzt an sie hat er mit seinem Leben viel Segen weitergegeben.
Zum Leben helfen, Segen weitergeben, ist das nicht unsere ureigene Berufung, unser Auftrag, den Gott uns mitgibt auf den Lebensweg?
Siegfried Sauerbrey hat es wohl so gesehen, ganz, wie Jesus auch. Christus spricht: Ich lebe, und ihr sollt auch leben, dieses Wort aus dem Johannesevangelium hat Siegfried sich gewünscht für diese Stunde des Rückblicks und des Abschieds.
Ich lebe und ihr sollt auch leben.
Ich lebe, daran glaubte Siegfried. Er wusste den Auferstandenen und lebendigen Herrn in seiner Nähe. Als Hilfe, als Zufluchtsort, und als Grund steter Hoffnung und Lebensfreude.
Das hat ihm eine manchmal beneidenswerte Gelassenheit gegeben und wenn nötig eine große Zuversicht und tiefes Gottvertrauen.
Und ihr sollt auch leben. Leben, das meint mehr als nur da sein, nur funktionieren oder reagieren, leben, das meint da sein, wo Hilfe not ist, Freude schenken und Segen weitergeben, Heil stiften und Hoffnung, Versöhnung suchen und Frieden, einen Sinn in allem sehen, und für uns als Christen heißt es: Gott loben mit unserem ganzen Leben und ihm die Ehre geben mit all unserem Reden und Tun. Gott groß werden lassen.
„Ich lebe und ihr sollt auch leben.“
In wenigen Wochen hätte er sein 83. Lebensjahr vollendet. Gott hat es nun anders gewollt. Eine mehrjährige Krankheit ließ sich nicht mehr eindämmen. Es war ihm geschenkt, bis zuletzt geistig rege sein zu dürfen. Ausdrücklich hat er sich gewünscht, eingeäschert zu werden. Am vergangenen Montag hat Gott ihn nun zu sich gerufen in sein Reich. Gerufen ins Leben, das kein Leid und keinen Tod mehr kennt. Ich lebe und ihr sollt auch leben - für Siegfried Sauerbrey ist dieses Wort Jesu nun vor dem Horizont der Ewigkeit noch einmal ganz neu Wirklichkeit geworden. Vom irdischen Leben hat Gott ihn nun zum ewigen Leben geholt. Das ist unser Glaube und unsere Hoffnung. In diesem Glauben dürfen wir Abschied nehmen, dankbar, getröstet und voll Zuversicht.
Lieder:
621, 1-5 Ich bin durch die Welt
352, 1.2.5.6 Alles ist an Gottes Segen
407, 1-3 Stern, auf den ich schaue
Dekan i.R. Hanspeter Kern