Trostreiche Hoffnungsbilder - Gedanken zum Totensonntag

Heute, am Toten- oder Ewigkeitssonntag, gedenken wir gemeinsam unserer Toten. Wir tun das in der Gemeinschaft mit anderen Christen. Wir lassen verbinden unsere Erinnerungen mit dem Trost aus der Heiligen Schrift.
Im Johannesevangelium ist niedergeschrieben, was die Gemeinde nach Ostern im Glauben an den auferstandenen Christus von ihm gehört hat. Es ist wohl der tiefste Trost für uns Christen, dass Jesus Christus lebt und bleibend mit den Seinen verbunden ist. So spricht Christus in Johannes 6,35-40 im Zusammenhang der Brotrede:
Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern; und wer an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten. Aber ich habe euch gesagt: Ihr habt mich gesehen und glaubt doch nicht. Alles, was mir der Vater gibt, das kommt zu mir; und wer zu mir kommt, den werde ich nicht hinausstoßen. Denn ich bin vom Himmel gekommen, nicht damit ich meinen Willen tue, sondern den Willen dessen, der mich gesandt hat. Das ist aber der Wille dessen, der mich gesandt hat, dass ich nichts verliere von allem, was er mir gegeben hat, sondern dass ich’s auferwecke am Jüngsten Tage. Denn das ist der Wille meines Vaters, dass, wer den Sohn sieht und glaubt an ihn, das ewige Leben habe; und ich werde ihn auferwecken am Jüngsten Tage.
Liebe Gemeinde,
es erstaunt mich immer wieder, welche Bilder Grundschulkinder von einem Leben bei Gott malen. Mir fällt auf, dass die Bilder durchweg positiv sind und eine phantasiereiche Hoffnung zum Ausdruck bringen.

1) Da malt ein Mädchen eine Picknickdecke mit einer Teekanne. Sie selbst sitzt auf der Decke mit einer Tasse in der Hand. Eine weitere Tasse auf dem Teppich ist für Gott, der mit freundlichem Gesicht wie eine Hummel vom Himmel angeflogen kommt. Picknick mit Gott!

2) Auf einem anderen Bild stand der Free-Fall-Tower vom Freizeitland Pate. Vom hohen Turm sausen zwei Freunde hinunter. Bei ihrem Ankommen haben sie Sterne in den Augen.
Sie staunen und sind überrascht vom Leben im Himmel. Da wartet eine Achterbahn auf sie. Diese führt direkt zu den kostenlosen Süßwaren. Ein Feuerwerk wird gezündet. Und über allem strahlt Gottes lachendes Gesicht oben rechts im Bild.

3) Ein drittes Bild zeigt in der linken Ecke unten eine traurige, ängstliche rote Erde. Oben in der rechten Ecke leuchtet gelb die Sonne mit einem fröhlichen Gesicht. En Mensch fliegt mit einem Raketenantrieb auf dem Rücken von der ängstlichen Erde durch den Sternenhimmel ins Licht der fröhlichen Sonne, begleitet von einem Engel auf einem Planeten.

4) Ein viertes, detailreiches Bild will ich noch kurz wiedergeben: Die Person „Ich“ hat Flügel, einen Hut wie einen Heiligenschein und ein fröhliches Gesicht. Der Lieblingshund ist mit dabei. Auf Wolken befinden sich Häuser. Zwischen zwei Häusern stehen die Worte: „Keiner mobbt“ und „alles ohne Geld“. Auf einer noch größeren Wolke sind Jesus und Gott wie Menschen dargestellt. Gott sagt: „Wir leben in Frieden.“
Wenn man diese Bilder vergleicht, dann kann man sagen, dass hier Vorstellungen vom Leben auf unserer Erde auf das Leben bei Gott übertragen werden.
Hinter manche Details machen wir mit erwachsenen Augen sicher ein Fragezeichen. Ob es im Himmel Süßes im Überfluss geben wird? Wer weiß?
Gott wird auf jeden Fall mit jeder Menge Überraschungen aufwarten. Nach der Bibel wird Gott selbst eine neue Erde erschaffen. In dieser Neuschöpfung Gottes gelten keine Naturgesetze mehr. Auferstehung hat nichts mit der Wiederbelebung einer Leiche zu tun. Zeit und Raum wird es nicht mehr geben. Das Auferstehungsleben unterliegt keinen Gehirnströmen mehr, keiner Verdauung…
Dietrich Bonhoeffer hat es einmal so formuliert: Gott selbst ist unser Jenseits. Gott ist unser Himmel.
Das ist der größte Trost, den wir haben, und den uns die Worte aus dem Johannesevangelium vermitteln wollen: Bei Gott geht niemand verloren. Jesus Christus will uns nahe sein im Leben, im Sterben und im Tod.
Er sagt: Das ist aber der Wille dessen, der mich gesandt hat, dass ich nichts verliere von allem, was er mir gegeben hat, sondern dass ich’s auferwecke am Jüngsten Tage. Denn das ist der Wille meines Vaters, dass, wer den Sohn sieht und glaubt an ihn, das ewige Leben habe; und ich werde ihn auferwecken am Jüngsten Tage.
Wie gut tut es, sich in diese Worte hineinfallen zu lassen! Wie gut tut es, das für uns und für unsere Toten zu glauben. Wir hoffen, dass unsere lieben Verstorbenen bei Gott gut aufgehoben und in seiner Hand geborgen sind.
Aber der Evangelist Johannes ist Realist. Er weiß darum, wie im Alltag der Zweifel immer wieder am Vertrauen nagt.
Denn es ist nie einfach, einen lieben Menschen loslassen zu müssen. Besonders nicht vor der Zeit. Der Schmerz über den Verlust führt in die Trauer. Und in der Trauer überfallen einem die unterschiedlichsten Gedanken und Gefühle, die von Liebe bis hin zu Wut und Hass reichen können. So vieles will verarbeitet und integriert werden. Und dieses Auf und Ab der Gedanken und Gefühle macht vor dem Glauben nicht Halt. Der Evangelist Johannes kennt das, wenn er schreibt: Ihr habt mich gesehen und glaubt doch nicht.
Wir könnten hinzufügen: Wir haben von Jesus Christus gehört und dass er von Gott auferweckt wurde. Und doch wird unser Glaube durch den Tod erschüttert. Abschiednehmen müssen ist nicht das Alltägliche. Wir sind darin in der Regel nicht geübt. Wir bleiben hilflos und leer zurück. Das ist Teil unserer Erfahrung und unserer Wirklichkeit. In diesem Zusammenhang gilt als seelische Tatsache festzuhalten: Trauer geht nur weg durch Trauer und durch nichts anderes. Jeder Mensch hat seinen eigenen Weg durch die Trauer.
Hoffnungsbilder können uns dabei Wegweiser und Helfer sein und eine Bewahrung davor, dass wir uns in einer endlosen Trauer verlieren.
Die Bibel bietet uns Bilder an, die viele Berührungspunkte haben mit den Bildern der Kinder, die ich eingangs erwähnt habe.
In Johannes 14 ist es das Bild von den vielen Wohnungen im Haus Gottes.
Das Bild von einem Festmahl und einem Hochzeitsmahl taucht ebenfalls immer wieder auf.
Es unterstreicht das festliche, frohe und ungetrübte Zusammensein mit Gott.
Und in der Offenbarung wird die Gemeinschaft bei Gott so umschrieben: Verletzungen werden geheilt, Gott wird alle Tränen abwischen, es gibt keine Verletzungen mehr, keine Gewalt, keine Ausbeutung, keine Sünde – wir werden ganz bei Gott sein.  
Hieronymus Bosch hat kurz vor der Reformation die Reise der Verstorbenen in den Himmel gemalt. Er sah einen großen Tunnel, durch den alle Verstorbenen auf ein großes Licht zugehen, begleitet von einem Engel. Fast scheint es, als würden sie angezogen von diesem Licht, als schwebten sie darauf zu. Ganz leicht sieht das aus. Am Ende werden sie erwartet von einer ausgestreckten Hand. Dazu passt unser Bibelwort:
Alles, was mir der Vater gibt, das kommt zu mir; und wer zu mir kommt, den werde ich nicht hinausstoßen.
Das ist die Jahreslosung für 2022, die wir heute, am letzten Sonntag des Kirchenjahres, noch einmal als Predigtwort hören. Fast so, als sollten wir das nicht vergessen: Wir werden erwartet und niemand wird abgewiesen. Auch nicht der verstorbene Mensch, an den Sie heute besonders denken. Wer bei Gott ist, ist nicht tot. Gott sei Dank! Er ist beim ewigen Gott, bei unserm Vater im Himmel.

Gott, die Welt erschreckt uns manchmal.
Das Leben wird uns schwer. Der Tod passiert mitten im Leben.
Er bricht es ab. Er zerstört unsere Pläne.
Oder er erlöst von einem langen Leiden.
Oder er bringt den Kreis eines Lebens zum Abschluss.
Leicht, Gott, ist es nie.
Darum bitten wir dich: Trage mit uns – unsere Trauer, unsere Erinnerungen.
Hilf uns, das Unabänderliche anzunehmen und lass uns dabei deine heilende Gegenwart spüren.
Das bitten wir durch Jesus Christus, unsern Herrn, der mit dir und dem Hl. Geist lebt und Leben schenkt in Ewigkeit.
Amen